Weihnachten

Weihnachten, scheiß Weihnachten kommt schon wieder rum,
wie das kaputte Blatt vom Ventilator über meinem Kopf.
Der Verkehrslärm von der Promenade beleidigt meine Ohren
und mein Schädel brummt noch immer von letzter Nacht.
Hier in Acapulco kennt mich niemand. Nicht wirklich.

Es wird schon wieder Abend und das Licht dringt immer
fahler durch die Jalousien und den Tabakqualm.
Weihnachten ist für mich schon lange kein Fest der Freude mehr.
Nur ein anderer gottverdammter Geburtstag von irgendwem.
Mist, keine Zigaretten mehr.

Wann es anfing, bergab zu gehen? Ich kann mich nicht mehr erinnern.
In Casablanca vielleicht, vielleicht auch schon früher.
In Manila lief schon einiges aus dem Ruder, damals hielten
mir meine Partner aber noch die Stange.
Die Sache sieht mittlerweile etwas anders aus, ha!

Am Fernseher flimmern glückliche Gesichter von Fremden.
Diese Freude… für mich genauso unverständlich wie das übrige Programm.
Zeit, mich wieder bereit zu machen. Heute werden besonders
Viele irrlichtern. Dieses Fest ist nichts für uns Wölfe.
Scheiß Weihnachten.

Walter Schmidt-Walde


Mich freut so sehr die Weihnachtszeit,
in der es immer schneit.

Anonym


Ganz ehrlich:
Wer denkt beim Punsch-Trinken vor den Glühweinbuden
an die Geburt des Königs der Juden?
Für alle, die diesbezüglich eine Wissenslücke quält,
hier kommt die Weihnachtsgeschichte; etwas frei erzählt.
Josef grämt sich undersexed,
während Mariens Bauch schnell wächst.
Zur Aufheiterung bucht er online ganz bequem
einen Winterurlaub in Bethlehem.
Doch statt Hotel mit Personal
erwartet die beiden ein modriger Stall.
Des Abends erscheint Gabriel der Engel
und ruft: Halleluja, freut euch auf den Bengel!
Ihr sollt ihm den Namen Jesus geben,
doch die Welt wird ihn als Messias erleben.
Die Mühsal der Wehen beginnt
und schon ist es da, das himmlische Kind.
Sofort wird ein Baby-Bild auf Instagram gestellt
und es frohlockt die ganze Welt.
Es erscheint am Himmel ein neuer Star,
kommentieren Kaspar, Melchior, Balthasar.
Sie bringen Weihrauch, Myrrhe, Gold:
das Morgenland ist seinem Erlöser hold.
Während Schaulustige kommen und um die Krippe stampfen,
dürfen Ochs und Esel lustvoll Heu mampfen.
Auch die Hirten frohlocken
und sind von den Socken.
Allein Herodes zerbricht sich seinen Grind,
weil er sich fürchtet vor dem Kind.
Soviel zur Geburt des göttlichen Flegel.
Zum Abschluss noch eine Bauernregel:
Wenn es an Weihnachten schneit,
ist Neujahr nicht weit.

Louis de Renard


Im Hochsommer fängt er fast an,
Der Prä-Prä-Advent.
Wenn man keine Bademode mehr verkaufen kann
Und sich Lindt-Schokolade in die Regale drängt.

Im Prä-Advent, wenn im November dann,
Die Weihnachtsbeleuchtung schon hängt
Und man durch Weihnachtsaktionen viel “sparen” kann
Wird zum Thema schon, was man den anderen schenkt.

Und endlich fängt der Advent dann an
Und auf dem Christkindlmarkt wird gedrängt.
Last Christmas, Punsch und der kleine Schokomann;
Die rote Mütze ist omnipräsent.

Es fühlt sich – fast vier Monate lang,
An jeder Ecke so besinnlich an.
Und es weihnachtet gar ständig dann,
Weil ja der Erlöser endlich zu uns kam!

Chandler Isle


Wir begeben uns zurück zu den Anfängen der Weihnachtszeit:
Die Nacht ist klar und Bethlehem ist eingeschneit.
Die Engel singen und Fanfaren verbreiten Heiterkeit,
Denn in einer kleinen Hütte macht Maria ihre Beine breit
Und daraufhin erscheint der Gottessohn im Seidenkleid,
Sein Haar ziert gülden die Stirn
und sofort sind all unsere Sünden verziehn.
Der Jüngling im Zwirn hält sein Haupt mit stolzem Eifer nach oben,
Denn er riecht die Gans im holzbefeuerten Ofen.
Und nachdem er der Stadt und der Welt den Segen spendet,
Tranchiert er den Vogel wie Edward mit den Scherenhänden.
Auf die Gans folgt Vanillesorbet mit Creme Brulée
Und danach zieht er aus, um seinen eigenen Weg zu gehn.
Als er nun in Moonboots und Anorak
Durch die verschneite Savanne stapft,
Trifft er auf seiner Wanderschaft schon bald Johannes den Täufer,
Der ihm die kommende Apokalypse erläutert.
Doch weil die Römer an die Taufe nicht glaubten,
Lässt Herodes Johannes vor aller Augen enthaupten.
Der blondgelockte Wonneproppen zieht nun wieder alleine weiter.
Im Tempel rettet er eine Ehebrecherin vor Steineschmeißern,
Die behaupten, die Strafe sei in den heiligen Stein gemeißelt.
“Seid gescheiter!”, mahnt er mit sanfter Stimme und mündigem Blick.
“Es werfe nur jener, der ohne jegliche Sünde ist.”
Also ziehen die geläuterten Männer hintereinander von dannen
Und die Frau dankt ihm mit einem Kuss auf die rosigen Wangen.
Er entgegnet: “Sündige nicht und tu Buße aus eigenen Stücken”
Und mit großem Gefallen kehrt er der Dame den Rücken.
Entzückt erzählt sie Bekannten vom milde gestimmten Himmelsgesandten,
Um den sich zahlreiche Geschichten bald ranken:
Er habe den Lazarus auferweckt vom Totenschlaf,
Deckt für tausende Hungernde den Fisch- und Brotbedarf,
und gibt den Leprakranken hunderte Antibiotika.
Er findet zwölf Jünger, die in der Not zu ihm stehen
Und mit ihnen zieht er gegen den Moloch Jerusalem.
Ein gesatteltes Ross zu reiten empfindet er als zu bequem,
weshalb er einem Packesel die tragende Rolle zugesteht,
Gemäß uralter Riten salbt Maria Magdalena des Wanderers Füße,
Bevor die Jerusalemiten den Sohn Davids mit Palmwedeln grüßen.
Er bittet: “Zeigt mir, was diesen Sündenpfuhl letztendlich ausmacht!”
Und die tosende Menge führt ihn zum Tempel der Hauptstadt,
Wo in großem Gedränge die Habgier Gebrauch vom Gotteshaus macht.
Inmitten der Geldwechsler verkündet der Gesalbte nun lautstark:
“HAUT AB!” und den erstbesten Preistreiber trifft der schallende Faustschlag,
Er zückt die lederne Peitsche und schlägt wütend gar um sich
Bis der Tempel gereinigt von der habsüchtigen Schuld ist.
Der Triumph wird von seiner Gefolgschaft gebührend gefeiert,
Und nachdem der Messias den Wein und das Brot mit den Jüngern geteilt hat,
Erscheint im Festsaal schon bald die jüdische Streitmacht.
Judas Iskariot erhebt sich und gibt Jesus den Todeskuss,
Verführt von dem Verlangen nach Ehre und Obolus,
Weil sein Wirken den Mächtigen nicht gefallen hat,
Nehmen sie ihn in die schreckliche Gefangenschaft.
Doch er duldet jeden Tritt und Schlag und Peitschenhieb,
Weil er weiß, dass der heilige Geist ihn liebt.
Als nun das triefende Blut seine Haut benetzt,
Wird dem Messias die Dornkrone aufs Haupt gesetzt
Und ihm das Tragen des eigenen Kreuzes auferlegt.
Auf dem Weg, um auf dem Felsen den Tod zu finden,
Wollen ihn die Ankläger bereits zu Tode schinden,
Sie treten und spucken und rufen unflätige Dinge,
doch er trägt sein Kreuz mit unbändigem Willen.
Mit Blick aufs Volk, also in bester Lage,
Wird er am befestigten Holz nun festgenagelt.
Er brüllt vor Schmerz mit jedem donnernden Hammerschlag,
Und dennoch duldet er die Strafe für den Staatsverrat,
So ringt er noch Stunden um Luft für die rasselnden Lungen
Und verendet letztendlich blutüberströmt und mit klaffenden Wunden.

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